Gewitter

In der flimmernden Stille nach einem drückend heißen Tag lag die Welt unter mir wie ein schlafender Riese. Ich blickte beeindruckt durch das Dachfenster. Am Himmel, der so finster war, dass selbst die angebrochene Nacht darüber staunte, entfesselten sich die Götter. Blitze zuckten wie die Synapsen eines weltumspannenden Gehirns, flüchtig und doch so präzise, dass jeder Lichtstrahl eine Geschichte von roher, ungebändigter Energie erzählte. Donner rollte, ein tiefes Grollen. Die Geräusche des Alltags verstummten, erdrückt unter der Macht des wachsenden Orchesters am Himmel. Wie ein stummer Zeuge stand ich am Fensterrahmen und schaute zu, wie sich das Gewitter in seiner ganzen theatralischen Pracht entfaltete. Regentropfen fielen, erst zaghaft, dann immer entschlossener. Sie trommelten mehr und mehr gegen das Glas des Fensters. Sie zeichneten wilde Muster, liefen in kleinen Bächen herunter, verwischten die Grenzen zwischen drinnen und draußen. In diesem gewaltigen Naturschauspiel fand ich eine unerwartete Ruhe, eine tiefe Bewunderung für die Kraft und Schönheit der Natur. Es war ein wahrhaft fantastisches Erlebnis, dieses gewaltige Gewitter zu beobachten.

Als ich an diesem Morgen, es mag gegen vier Uhr gewesen sein, mit Talko an der Feuerwehrwache vorbeispazierte, beobachtete ich, wie die letzten Einsatzkräfte aus dem Gebäude kamen. Sie stiegen in ihre Privatwagen – einige fuhren vermutlich direkt nach Hause, um die wenigen Stunden bis zum Tageslicht noch zu schlafen, andere vielleicht direkt zur Arbeit. Wissen konnte ich es nicht. Ihre Gesichter verrieten nichts Genaues, doch die Erschöpfung war ihnen anzusehen. Sie hatten wahrscheinlich die Nacht mit Arbeit verbracht, vielleicht indem sie Keller, die sich mit Regenwasser vollgesogen hatten, leerpumpten oder umgestürzte Bäume zerteilten, die wie gefallene Riesen die Straßen blockiert hatten. Ich warf einem mir unbekannten Mann, dessen Gesicht von einer Straßenlaterne nur schemenhaft beleuchtet wurde, einen flüchtigen Gruß zu. Er nickte kurz. Seine Kollegin, die in ihrem Auto an mir vorbeifuhr, blickte auf die Straße, als wäre sie allein mit ihren Gedanken und der Nacht, die gerade hinter ihr lag.

War es eine anstrengende Nacht?“, fragte ich, während er die Tür seines Wagens öffnete.
Ach, fragen Sie besser nicht“, kam es zurück. „Ich hätte lieber geschlafen. Aber es nützt ja nichts.
Vielen Dank dafür“, erwiderte ich.

Doch ich wusste, dass meine Dankbarkeit, so ehrlich sie auch gemeint war, wenig an seiner Erschöpfung ändern konnte. Er und seine Kolleginnen und Kollegen, sie taten ihre Arbeit nicht für Dankbarkeit oder Anerkennung. Sie taten sie aus einer tiefen Überzeugung heraus, aus einem Pflichtgefühl gegenüber der Gemeinschaft, das stärker war als die eigene Erschöpfung. Ich setzte meinen Weg fort, den Blick zurückgeworfen auf die abziehenden Wagen. Ihre Rücklichter waren wie letzte Glutspuren in der Morgendämmerung. 

Während ich in der Nacht am Dachfenster stand, eingehüllt in die Dunkelheit, die nur vom Aufblitzen des Gewitters durchbrochen wurde, ließ ich mich von der majestätischen Schönheit der Natur faszinieren. Die Blitze malten bizarre Muster über den Himmel, der Regen prasselte gegen das Glas, eine Symphonie der Elemente, die mich beeindruckte. Doch während ich dort stand, gebannt von diesem Naturspektakel, waren draußen, in der gleichen Nacht, Menschen in Uniformen unterwegs, die sich durch das Unwetter kämpften, um die Folgen zu bewältigen. Ohne jede Entlohnung, getrieben nur von der reinen Leidenschaft, anderen Menschen zu helfen, bewegten sie sich durch die dunklen Stunden. Sie arbeiteten unermüdlich, halfen, wo sie nur konnten, und kümmerten sich um die Schäden, die das Gewitter hinterlassen hatte. Einige Straßenabschnitte waren komplett gesperrt, da Wassermassen die Fahrbahnen unpassierbar gemacht hatten. Aus den Kellerschächten ragten Schläuche, an deren Enden Pumpen unermüdlich arbeiteten, um das eingedrungene Wasser wieder nach draußen zu befördern.

Und an diesem Morgen, wurde mir wieder einmal bewusst, dass alles im Leben stets zwei Seiten hat. Es gibt keine Ebbe ohne Flut, keinen Tag ohne Nacht, keine Erleichterung ohne vorhergehenden Schmerz. Während man selbst vielleicht die erhabene Schönheit und die atemberaubende Faszination eines Gewitters erlebt, müssen andere Menschen zur gleichen Zeit Herausforderungen bewältigen, die sie sich niemals gewünscht hatten. Ich dachte darüber nach, wie privilegiert ich war, das Unwetter aus der sicheren Distanz eines warmen Zimmers betrachten zu können, während andere sich durch die Dunkelheit und Nässe bewegten, um Ordnung in das Chaos zu bringen. 

Das Foto stammt natürlich aus der Vergangenheit und nicht aus meinem Dachfenster.